Mittwoch, 1. Dezember 2010

Der anitmuslimische Rassismus der Antideutschen

Die gesellschaftliche Tendenz zum antimuslimischen Rassismus ist kaum zu übersehen: Ob dieses Herrschaftsinstrument dazu verwendet wird, um Stimmung gegen "ungewollte Ausländer" zu machen, das Ausländerrecht zu verschärfen und Abschiebungen zu erleichern, oder ob damit Kriege gegen ferne Länder wie Afghanistan und Irak legitimiert werden sollen, der antimuslimische Rassismus ist massiv präsent.
Sabine Schiffer arbeitete in ihrer Medienanalyse "Antisemitismus und Islamophobie" die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der beiden Rassismen heraus und stellt fest, dass sie teilweise ähnliche Funktionen bedienen. Auch der ehemalige Vorsitzende des Zentralrats der Juden, Ignaz Bubis, befand in einem Zeitungsinterview, dass dem antimuslimische Rassismus ähnlichen Vorurteilen zugrundelägen, welche dem Antisemitsmus vor dem Holocaust zugrundelagen.
Antideutsche, wohl die am meisten Rassismus-reproduzierende Gruppe die sich "links" nennt, empfinden alle vergleiche zwischen Antisemismus und antimuslimischen Rassismus als Affront. Mit der Theorie von Moishe Postone, in der Antisemismus die Folge von unverstandenem Kapitalismus ist, versuchen sie verkrampft Antisemitismus nicht nur von anderen Rassismen abzutrennen, sondern ihn auch über andere Diskriminierungsformen zu erhöhen.
Auf einem Vortrag der antideutschen Gruppe "Emanzipation und Friede" kam dies deutlich zum Vorschein. Auf die Frage aus dem Publikum, ob sie nicht eine Hierarchisierung (als wichtigstes Antisemitismus, dann Rassismen und schließlich "antimuslimische Ressentiements" ganz unten) produzieren würden, antworteten die Referenten offen mit ja. Auf dem selben Vortrag war immerhin positiv zu vermerken, dass einige Antideutsche endlich erkennen, dass ihre prowestlich-rassistische Position nicht unproblematisch ist.
Ein Merkmal, auf welches sich Antideutsche, vor allem in der Zeitschrift IZ3W, beziehen, wenn sie das Bild von den konservativen, frauenfeindlichen und rechtsoffenen Arabern und Muslimen im allgemeinen ausmalen, ist die Zusammenarbeit und Zustimmung vieler Muslime mit Nazideutschland während dem zweiten Weltkrieg. Dabei übersehen sie, dass diese nicht hauptsächlich aus Begeisterung der Bewohner_innen von muslimischen Ländern für die menschenverachtenden Ideen der Nazis herrührt. Der Einfache Hauptgrund für Kriegsbündnisse mit Nazideutschland war einfach der, dass das deutsche Reich Anfang des 20.Jahrhunderts zwar militärisch stark genug war, um Weltkriege anzuzetteln und sich mit den Großmächten Frankreich und Großbritanien anzulegen, aber nicht um eigene Kolonien in Nordafrika und im Nahen Osten zu haben.
Nach dem Motto "die Feinde meiner Feinde sind meine Freunde" war es einfach eine strategische Frage, sich gegen die Kolonialmächte Großbritannien und Frankreich zu verbünden. In der Hoffnung sich endlich von der europäischen Fremdbeherrschung frei zu machen, arbeiteten viele Mitglieder_innen der herrschenden Klasse von kolonialisiserten Ländern mit den deutschen Herrschen zusammen. Einigen gelang es, in der breiten Bevölkerung ihres Landes positive Stimmungen gegenüber den Deutschen und auch den Nazis zu verbreiten, was ebenso naheliegend wie unverzeihlich ist. Dieser positiv-Bezug gegenüber Hitler und den Nazis, ursprünglich aus einer antikolonialen Haltung heraus, ist in vielen muslimischen Ländern heute noch zu verspüren, nicht zuletzt weil das (für diese Menschen fast ausschließlich als solches empfundene) "koloniale Projekt" Israel auch nur eine weitere Kolonie im Bunde der westeuropäisch-nordamerikanischen Mächte ist. Die koloniale Gewalt, welche in den meisten Ländern des nahen Ostens damals und in den palästinensischen Gebieten heute noch erlebt wird, erzeugt ihre Antithese, die in ganzer Gestalt ebenso menschenverachtend ist wie die kolonialistische Ideologie selbst. Anders dürfte das z.B. in Lybien sein, wo Italien mit Mussolini an der Spitze die Kolonialmacht war. Dort unterstützten Nazideutschland und Hitler die Kolonialisiserung.
Grundsätzlich scheint Huntingtons "Clash of Civilazations" die neue Kriegs- und Herrschaftsideologie zu sein, welche das alte "Teile und Herrsche"-Prinzip, welche schon die Arbeiter_innen in Europa in Nationen aufteilte und im ersten Weltkrieg gegeneinander ausspielte und welches später im Kalten Krieg erstmal global die "Verdammten dieser Erde" gegeneinander Aufstachelte ablöst.
Wer dieses Konstrukt der Orient gegen Okzident bzw. Christentum bzw. christlich-geprägt säkular/kapitalistisch/demokratisch gegen Islam bzw. muslimisch-geprägt/orientalisch/sog. Dritteweltländer aufrechterhält, z.B. indem sie_er sich auf eine der beiden Seiten schlägt, reproduziert ein neues "Die Anderen"-Konstrukt und bestärkt die Ausbeutung und Herrschaft. Somit kann sich meiner Meinung nach keine Gruppe/Einzelperson, die sich ernsthaft "links" nennt, anhand dieser neuen Grenzlinie positionieren!
Linke oder anarchistische Gruppen haben schon immer versucht, solche Mechanismen aufzudecken und die darunterliegenden Herrschaftsverhältnisse (Kapitalismus, Patriachat, Rassismus) aufzudecken und von ihnen Frontlinien abzuleiten!
Leider scheinen das Antideutsche und antideutsch Inspirierte irgendwie vergessen zu haben. Sie stellen sich lieber zusammen mit Rechtspopulisten (welche sich meist Aufgrund der Fragestellung "Antizionismus oder Antislamismus" meisten mit neonazistischen Gruppen streiten) auf die Seite "des Westens". Kein Wunder, dass die rechtspopulistische Homepage "political incorrect" sehr oft mit antideutschen Positionen übereinstimmt.

"Krieg dem Krieg!" statt "Krieg der anderen Kriegspartei!"

Freitag, 16. April 2010

„Fucking european racists“

Die rassistische Definition von Fortschritt von einem Teil der radikalen Linken

Zur Zeit der Kolonialisierung war Rassismus die grundlegende Ideologie zur Rechtfertigung der Unterwerfung nicht-europäischer Gruppen von Menschen (im allgemeinen als „Völker“ bezeichnet). Rassismus umfasste dabei immer schon sowohl die Konstruktion von „Rassen“ als Gruppen von Menschen mit anderer Hautfarbe und sonstigen körperlichen Merkmalen und der Zuschreibung von (meistens aber nicht immer) negativen Eigenschaften als auch negativ wertende Zuschreibungen zu kulturellen Elementen dieser "Völker". So wurden die Sprachen als primitiv und „unverständlich“ klassifiziert, die Geräte und Werkzeuge wurden häufig als auf dem „Steinzeitniveau“ befindlich degradiert, die Sitten und Gebräuche als „gottlos“ und „tierähnlich“ beschrieben.

Interessant ist, dass diese zweite Erscheinung des Rassismus, die Erklärung der Unterlegenheit einer Kultur, in leicht veränderter Form heute immer noch Gang und Gäbe ist (siehe „Spiegel“-Artikel wie „Steinzeitvolk im Amazonasgebiet entdeckt“) und sogar von selbstbezeichnenden radikalen Linken reproduziert wird!

Die Logik, die dieser Form des Rassismus zu Grunde liegt, ist die Vorstellung einer bis auf wenige Unterbrechungen lineare Entwicklung zum positiven hin. Dieser Fortschrittslogik ist zu tiefst ideologisch geprägt und macht z.B. vorneuzeitliche Gesellschaftszustände, die bei genauer Betrachtung aus heutiger Perspektive als positiv bewertet werden würden, unsichtbar. Es wird suggeriert, dass je länger eine Epoche zurückliegt, desto negativer das Leben in dieser aus heutiger Sicht zu bezeichnen sei. Des weiteren unterstellt dieser Fortschrittslogik, eine jede Gesellschaft würde ebenso eine zeitlich-(quasi-)lineare Entwicklung durchmachen und verschiedene Gesellschaften würden auf verschiedenen Entwicklungsstufen stehen, wo ebenfalls die am weitesten fortgeschrittene als die positivste bewertet soll. So gebe es entwickelte Länder und Entwicklungsländer, die rückständig seien und denen bei der Entwicklung geholfen werden müsse. Die Ursachen von Katastrophen wie Hunger, Kriege, Massaker usw. werden auf das Entwicklungsstadium zurückgeführt und damit entpolitisiert, da Machtinteressen, politische Akteure usw. ausgeblendet werden. Diese Logik wird aber nicht nur auf Gesellschaften, sondern auch auf indigene Gemeinschaften angewendet. Ihnen wird pauschal extreme Herrschaftsförmigkeit unterstellt und sie werden mit Eigenschaften wie patriarchal, entbehrungsreich und undemokratisch beschreiben. Der Blick auf einzelne Gemeinschaften wird als überflüssig dargestellt und die Frage der Solidarität mit indigenem Widerstand gegen die Einbindung in den Kapitalismus und die westliche Konsumkultur wird nicht nur nicht gestellt, sondern verrückterweise als antiemanzipatorisch diffamiert. Dabei wird von erwähnten radikalen Linken die westliche Konsumkultur überhöht als zur positivsten und am stärksten die individuelle Freiheit ermöglichenden Kultur erklärt.

Gelegentlich wird dabei mit Marx argumentiert, der die Möglichkeit einer freien Welt erst in voll „entwickelten“ kapitalistischen Ländern beschrieben haben soll.

Diese rassistische Argumentation ist aber nicht nur extrem chauvinistisch, sie dient auch konservativen und neoliberalen Akteuren zur Legitimation von Wirtschaftsprojekten, die der Stärkung die globale neoliberale Hegemonie fördern und von denen tausende von Menschen und Gemeinschaften existentiell bedroht werden. So wird in Mittelamerika mit dem Titel „Plan Puebla Panama“ (kurz PPP) eine Wirtschaftszone errichtet, wo Hundertausende von Indigenen vertrieben werden sollen, der Lebensgrundlage von Hundertausenden von Fischern durch Garnelenzuchtanlagen vernichtet werden solle und gleichzeitig Fabriken gebaut werden sollen, wo die arbeitslos Gemachten zu unmenschlichen Bedingungen Kleider und andere Produkte für den Weltmarkt produzieren sollen. Der PPP gilt auch als Entwicklungsprojekt und wird unter anderem unter dem Label „Entwicklungshilfe“ staatlich gefördert. Die Auswirkungen für die Betroffenen vor Ort sind dennoch mehrheitlich katastrophal!

Doch ein Teil der radikalen Linken interessiert eine solche Realität anscheinend nicht. Sie befassen sich anscheinend lieber ausschließlich mit Marx und Antifaschismus (was kein Problem ist, solange nicht solche Aussagen treffen). So kommen sie zum Beispiel auf einem Vortrag über rechte Ökologie zu Aussagen wie etwa 'Immer wenn Ökologiebewegungen nicht „fortschrittlich“ sind, kann sie als „rechts“ bezeichnet werden!'. Oder eine andere Person auf dem selben Vortrag etwa 'zu rechter Ökologie müssten auch Primitivisten (Aktivisten, die Indigenen, die als „primitiv“ klassifiziert werden verteidigen, Anm.d.A.) gerechnet werden'. Dabei wird die gängige, oben beschriebene, wertende Definition von „Fortschritt“ verwendet.

Solche unglaublich undifferenzierte Statements sind in genannter Szene leider keine Seltenheit. Argumentiert wird dabei mit der Position eines Teils der Primitivist*innen, die ebenfalls eine undifferenzierte und romantisierende Vorstellung von 'nicht-zivilisiertem', indigenem Leben haben.

Doch selbst eine undifferenzierte Romantisierung der Industriegesellschaft zu verbreiten, nur weil sie selbst eher an der „Spitze“ dieser Gesellschaft stehen (z.B. Studierende in einem Industrieland sind) und die für ihren Lebensstil notwendigen Arbeiten nicht selbst erledigen müssen (z.B. Abbau von Rohstoffen, industrielle Produktion, usw.), stört diese „radikalen Linken“ dabei aber wohl nicht.

Diese unglaublich arrogante Weltsicht provozierte einen indischen Freund von uns, der sowohl die industrielle Produktion in Indien wie auch das leben verschiedener indigener Gemeinschaften dort kennenlernte zu der Aussage: „...they [Vertreter*innen genannter Positionen] are just fucking european racists!“